Oktober 2018

Halloween ist am 31. Oktober, aber davon hab ich hier nicht wirklich viel mitbekommen. Höchstens, dass in der Innenstadt ein paar Leute verkleidet waren und in den Supermärkten eine kleine Dekoration aufgestellt war, aber  ansonsten wird hier Halloween gar nicht gefeiert. Aber an diesem Datum ist mir etwas ganz anderes aufgefallen: 31. Oktober - das sind 31 Tage seit meinem letzten Monatsblog. Ich bin also schon zwei Monate hier in Odessa und dieser Monat ist für mich sogar noch schneller vergangen als der erste.

 

Und auch das schöne Wetter ist zum Großteil schon  schneller vergangen, als ich wollte. Wo es im August und September noch über 30°C hatte, da stand ich Ende September schon nur noch bei 6°C da, laut Wetterdienst gefühlte 1°C. Und da bekam ich dann auch das erste mal ein Gefühl dafür, dass so eine kühle Meerbriese, die im Sommer ganz angenehm sein kann, bei diesen Temperaturen ganz schnell zum frostigen Wind werden kann, der dir gegen das ohnehin schon kalte Gesicht schlägt.

 

Dafür wird einem beim Fußballspielen wieder ganz warm, denn neben dem Spielen in den Tageszentren, spiele ich jetzt auch samstags von ca. 19:00 Uhr bis 22:00 Uhr in einer Sportanlage, wo es mehrere Fußballplätze gibt, die man mieten kann. Dort sind wir etwa immer 15-25 Leute, die spielen, sodass man immer 5er Teams machen kann. Nach zwei Toren für ein Team, oder nach 5 Minuten, wird gewechselt. Die meisten dort sind etwa 25-35 Jahre alt, aber auch ein paar jüngere und ältere sind dabei und es ist wirklich cool, da es hier meine Art erster Verein ist. Für 70 Griwna, also etwa 2€, pro Person und je Samstag, in einer gut gekühlten Halle zu spielen, lässt man sich auch eingehen.

 

Im Zentrum selber gebe ich jetzt mittlerweile in Krischanovka dienstags und freitags Englischkurse für die Mittleren, also ca. 10-13 und die Großen, also ca. 14-18. Besonders die kleineren sind sehr begeistert und voll dabei und ich hoffe auch, dass das so bleibt. Man kennt es ja leider selber von der Schule her, dass die Motivation meistens im Laufe des Jahres eher flöten geht, aber bis jetzt fragen sie immer, wann denn endlich Englisch ist. Im zweiten Zentrum muss ich erst noch schauen, was wir da im Winter so machen, weil immer nur Fußball geht natürlich auch nicht, bei den Temperaturen, zum anderen bin ich dort aber nur einmal die Woche, sodass sich für mich und die Kinder so ein Sprachkurs dort gar nicht rentiert. Allerdings ist hier meine Mitfreiwillige Mirjam zweimal die Woche im Einsatz und wird dort vermutlich Deutsch geben und so werden wir uns mal zusammensetzen und das gemeinsam ein bisschen planen und gebe dann im dritten Zentrum auch Deutschunterricht für die Kinder.

 

Übrigens haben wir jetzt diese letzte Oktoberwoche und bereits angefangene Novemberwoche "Jarmarka", also Jahrmarkt in den Zentren. Die Kinder sammeln immer Punkte, indem sie zum Beispiel Hausaufgaben machen, beim Aufräumen, Abwaschen, Putzen oder den kleineren Kindern helfen, usw. Mit diesen Punkten können sie sich dann immer, wenn Jahrmarkt ist Sachen "kaufen". Da geht es dann los mit Lollys und kleinen Süßigkeiten, geht weiter zu Blöcke und Farbstifte, Puzzle, Handschuhe, T-Shirts, Memorie, Kuscheltiere, eine neue Schultasche, neue Kopfhörer, bis hin zu einem Skateboard und dieses mal war sogar in jedem Zentrum je ein Handy dabei. Das konnten sich allerdings immer nur ca. die 3-4 besten Punktesammler leisten - die hatten sich das aber auch verdient. Durch Auslosung kommen immer 5 Kinder auf einmal in den Jahrmarkt rein und zu meiner persönlichen Freude, wurden die Kinder, die die meisten Punkte gesammelt haben, sogar immer als erste gezogen, denn in meinen zwei Monaten hier ist mir auch aufgefallen, dass das die Kinder sind, die hier wirklich am meisten machen.

 

Und ja, ich will euch nicht all zu lange auf die Folter spannen, denn auch diesen Monat gibt es, zwar nicht so viel, aber mit mindestens genau so viel Schmackes, peinliche Erlebnisse aus meinem Leben hier. Doch vorab: Der Oma-Schreck hat sich schon gebessert. Anstatt sie in die falsche Richtung zu schicken oder die falsche Station zu sagen, hatte ich mittlerweile auch schon einen Tag, an dem ich einer den richtigen Weg gezeigt habe und auch verstanden habe, was ich zu tun habe, als sie mich gebeten hatte, ihren Gehstock und Handtasche zu halten und in die Straßenbahn zu tragen, bis sie die Stufen raufgegangen ist. Außerdem helfe ich auch schon im Supermarkt, wenn sie wieder mal die kleinen Sachen an der Gemüsewage nicht lesen können.

Aber na gut, wenn wir schon im Supermarkt sind, kommt mein persönlicher Favorit am Anfang: Freitagabend an der Schnellkasse - und da das Wochenende vor der Tür steht und vielleicht Besuch kommt, kaufe ich zwei Dosenbier und zwei Liter Tetrapackwein. Das kommt ja sowieso schon etwas komisch - außerdem hatte ich einen langen Arbeitstag und sah dementsprechend fertig und müde aus und Jogginghosen haben mein Bild nicht besser gemacht. Die Blicke der Frau waren schon etwas komisch, aber naja, zum Zahlen hatte ich dann 148,32, das weiß ich heute noch genau - auch wenn die Preisanzeige der Kasse nicht ging. Ich gebe ihr einen 200er Schein und sie fragt mich irgendwas. Natürlich verstehe ich nur Bahnhof. Sie wiederholt den Preis und erzählt mir wieder was und ich drücke ihr einfach ein paar mehr Geldscheine in die Hand, sodass sie mich noch verwirrter anschaut, als ob ich nicht ganz da wäre. Auch die Leute hinter mir an der Kasse wussten nicht wirklich, was ich da eigentlich mache. Nach über einer Minute des Geldaustausches und dass ich sage, dass ich nichts verstehe, nahm sie den 200er Schein, mit einem Blick, als wäre ich der fertigste Alkoholiker des Viertels und ich das Bier und den Wein und ging aus dem Supermarkt. Seitdem habe ich nicht mehr an der Kasse der Frau eingekauft.

Das nächste Peinliche ist bestimmt jeden schon mal passiert, der gerne mit Kopfhörern Musik hört - besonders wenn einem das Lied gerade gefällt... und man hört sich ja auch nicht selber reden, wenn man diese Dinger im Ohr stecken hat. Ich will also aus meinem Zug aussteigen und bin gerade in diesem Zwischenteil, wo die Menschen rauchen und warten, bis der Zug anhält. Erst nach den ganzen verstörten Blicken der anderen Fahrgäste viel mir auf, dass ich gerade lautstark mitsinge - "Irgendwann bleib i dann dort". Als ob's ja nicht schon peinlich genug wäre, musste ich natürlich ein deutsches Lied mitsingen - immer diese Ausländer. Die nächsten 2 Minuten war dann Stille, gemischt mit dem ein oder anderen komischen Blick, der hin und wieder zu mir geschweift ist und ich war froh, als der Zug endlich die Tür aufgemacht hat.

 

Eine schönere Zeit hatte ich jetzt noch am 28. Oktober, das war letzten Sonntag und es gab nochmal über 20°C. Das musste ich natürlich ausnutzen und haben den Tag am Meer verbracht. Leider war ich wohl der einzige, der sich bei diesen Temperaturen ins Nass gestürzt hat - aber auch klasse ein Meer für sich alleine und sogar ohne Quallen diesmal. Natürlich will ich da euch ein paar Bilder nicht vorenthalten, falls mich demnächst jemand für ein Fotoshooting buchen will. Für mich war das das perfekte Ende diesen Monats.


- Zwei Monate bin ich schon weg von daheim und ich freue mich schon auf die nächsten zehn Monate in der Ferne -

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Kommentare: 1
  • #1

    Andrea Meyer (Mittwoch, 14 November 2018 11:44)

    Hi Nico, ein toller Blog, der Enthusiasmus nimmt gar kein Ende, macht Spaß zu lesen. Aber Halloween wurde eine ganze Woche lang im Stadtpark gefeiert!
    Vielleicht hast Du (und Mirjam) mal Lust, am Stammtisch vorbeizuschauen. Deutsche in Odessa und Odessiten, die einfach Lust haben, mit uns Deutsch zu sprechen, treffen sich mittwochs um Acht im Gambrinus auf der Deribasovskaya, gegenüber vom Stadtpark. Da sind auch Freiwillige von ASZ oder von Kulturweit, von Westwärts und Praktikanten aus dem Bayerischen Haus... Nur falls Ihr Lust habt.
    Liebe Grüße auch an Nicole