Februar 2019

Es sind bereits 185 Tage vergangen, seit ich in Odessa gelandet bin, es waren 26 Wochen voller Aufregung und neuer Erfahrungen und schon 6 Monate meines Freiwilligendienstes, den ich hier in der Ukraine mache, sind vergangen - es ist Halbzeit!

 

Bereits der 1. Februar begann mit einem wahren Highlight, denn wir kamen morgens um 9 Uhr in der Hauptstadt Kiew an. Mit knapp 3 Millionen Einwohner ist sie auch die größte Stadt des Landes und auf jeden Fall einen Besuch wert.

Als wir aus der U-Bahn Station mitten am Maidan ausgestiegen sind, gerieten wir auch schon in die erste Touristenfalle: 3 Leute mit Tierkostümen kamen auf uns zu und begrüßten uns ganz herzlich in Kiew, haben Fotos gemacht und rumgealbert. Natürlich will man da auch etwas geben, aber mir eine Summe zu überlegen brauchte ich mir gar nicht, denn sofort kam, dass wir Dollar zahlen sollen. Dollar? Ich wohne in der Ukraine - die habe ich nicht. Dann war es so, dass wir 200 Griwna bezahlen sollen, Mirjam und Ich, jeder 200 und das an jeden dieser drei Leute. Das wären 1200 Griwna für keine 10 Minuten rumblödeln. 40€ auf 10 Minuten würde ich auch mal gerne bekommen. 200 hab ich an einen gegeben, wir wollten die Fotos ja auch nicht löschen, auch wenn sie mit meiner kaputten Handykamera geschossen wurden. Denn anderen beiden hab ich erklärt, dass sie einen gewaltigen Vogel haben und die sich das Geld teilen sollen.

Das war aber zum Glück das einzig Negative an Kiew, was ich erlebt hatte.

 

Der Grund für unseren spontanen Wochenendtrip in die Hauptstadt war die Jugendkonferenz von Hillsong, der Kirche, die ich seit November besuche. Rund 500 Jugendliche und junge Leute kamen aus der ganzen Ukraine zu dieser Konferenz, zu der auch extra ein Pastor aus London angereist kam. Sie war wirklich sehr interessant und hat jede Menge Spaß gemacht und man hat gleich gemerkt, dass es hier nicht wie in einem normalen Gottesdienst abläuft. Wir wurden am Anfang ganz herzlich begrüßt, denn es wussten schon ein paar Bescheid, dass zwei Deutsche aus Odessa kommen. Ich habe die zwei Tage über deswegen auch bei einer Familie übernachten können, die auch Teil der Gemeinde sind und auch hier wurde sich richtig gut um mich gekümmert. Ich hatte wirklich ein paar tolle Tage in Kiew, viel von der Stadt gesehen oder mir vorgemerkt, was ich mir noch anschauen will und freue mich deswegen schon darauf, wenn ich im Mai wieder dort bin.

 

Außerdem war im Februar das Zwischenseminar meines Freiwilligendienstes vom 17. bis zum 23. Februar in Kremenetz. Das ist eine kleine Stadt ca. 2 Stunden von Lemberg entfernt und um ganz ehrlich zu sein, wollte ich da auf keinen Fall hin, denn es war irgendwo im Nirgendwo und ich wusste überhaupt nicht, was man da machen soll. Im Nachhinein hatten wir aber eine sehr schöne Woche und da wir nur vier Freiwillige und eine Leiterin waren, haben wir das Programm schneller abgeschlossen, als man mit einer Gruppe von 20 Leuten brauchen würde. Deswegen hatten wir auch genügend Freizeit um Wandern zu gehen, die Stadtburg und die Stadt selber anzuschauen und sind an einem Tag in ein Dorf in der Nähe gefahren. Dort war das Leben wirklich noch wie vor 100 Jahren, wo Leute zum Teil noch mit den Pferden die Felder ackern oder mit Kutschen Sachen transportieren. Dort wurden wir freundlicher Weise auf ein selbstgemachtes Mittagessen eingeladen, direkt am See und die Leute haben sich wahnsinnig gefreut, dass es nicht nur hier in ihrem Dorf eine Freiwillige gibt, sondern auch über uns, wo wir doch 600km weit entfernt wohnen. Am letzten Tag haben wir dann noch Lemberg besucht, für uns war es ja schon das zweite Mal, aber dennoch ein toller Abschluss. Dort haben wir dann auch eine kleine Kneipentour gemacht, von der ich erst ab 5 Uhr morgens Heim kam - aber es war wirklich ein cooler Abend und ich habe eine Menge neuer Leute in Lemberg kennengelernt, die ich gerne Mal wieder besuchen will.

 

Und irgendwie hat man so nach einem halben Jahr ein komisches Gefühl. Irgendwie ist man schon so lange hier, man ist hier zuhause, man kennt auch hier schon die Leute, die Straßen und Gassen, die Häuser, ein paar Nachbarn oder Verkäuferinnen, man kennt die Sprache, man kann sich unterhalten und man lebt hier. Irgendwie ist man hier daheim, aber man hat auch noch ein Zuhause, nur weiter weg, an das man immer wieder denkt, aber man auch nicht weiß, was man machen würde, wenn man jetzt dort wäre. Was wäre, wenn man diesen Schritt nicht gegangen wäre und was würde man dann in diesem Augenblick gerade machen?

Aber man hat diesen Schritt gemacht und ich glaube, nach einem halben Jahr kann ich sagen, dass es gut war, diesen Schritt gegangen zu sein.

Die letzten 6 Monate waren nicht immer einfach, denn man hatte verwirrende, traurige und verzweifelte Momente, aber sie waren auch nicht immer schwer, denn man hatte viele Momente, in denen man sich gefreut hat, was Neues erlebt hat und vor allem sehr viele Erfahrungen gesammelt hat.

Jetzt, wo man sich hier schon eingelebt hat und sich alles aufgebaut hat, was man braucht um hier zu Leben und alles kennt, beginnt, glaube ich, erst der schönste Teil des Freiwilligendienstes:

Seine Arbeit und sein Leben genießen.

- Sechs Monate bin ich schon weg von daheim und ich freue mich schon auf die nächsten sechs Monate in der Ferne -

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Kommentare: 1
  • #1

    Christel Utermöhlen (Donnerstag, 11 April 2019 19:43)

    Hi Nico,
    Hab mich jetzt durch die aktuellem Posts gelesen und freue mich, so lebendig an deinem momentanen Leben teilhaben zu können.
    Manchmal schaue ich bei Google Earth nach wo du dich rumtreibst..und obwohl du doch in der Ukraine bist, sind für mich viele Namen und Orte bömische Dörfer�
    Ich muss noch mal meinen Sohn Stephan fragen, in welcher Gegend er mit seiner Frau Claudia (da sie aber noch nicht verheiratet) war..ich meine es war im tiefsten Rumänien..?.? Dort haben sie über Weihnachten/ Neujahr einen Hilfstransport von den Johanitern begleitet! 40 Lkw‘s mit Kleidung, Lebensmitteln, Medikamenten im
    Konvoi sind von Nürnberg aus losgefahren. Claudia war Sanitäterin und Ausbilderin bei den Johanitern und hat den Konvoi über fünf Jahre begleitet- immer in die ärmsten Regionen ( Albanien, Rumänien, Bulgarien). Stephan war nur einmal mit, aber die Erfahrung möchte er auch nicht missen! Wie wenig man eigentlich zum Leben benötigt- ist uns nicht mehr bewusst!!
    Ich wünsche dir weiterhin viele aufregende Momente und Erlebnisse, die 2.Hälfte deines Abenteuers wird im Fluge vergehen. Pass immer gut auf dich auf! Wir bleiben am Ball! Liebe Grüsse Deine Tante Christel